Die Übergewinnsteuer wäre ein fatales Signal
Seit einigen Wochen versuchen einige Parteien sich mit Forderungen nach neuen Steuern und Abgaben gegenseitig zu überbieten. Ricarda Lang und Jens Spahn etwa schlugen vor, eine sogenannte Übergewinnsteuer für Unternehmen einzuführen, die in Krisenzeiten besonders hohe Gewinne machen. Friedrich Merz sprach sich im Bundestag gar für die Einführung eines neuen Solidaritätszuschlags aus. Die Debatte über neue Belastungen ist in vollem Gange. Einzig die FDP hält daran fest, die Steuern nicht zu erhöhen. Denn ist es nicht absurd, dass wir in einer von Krisen geprägten Zeit, in der wir die Wirtschaft entfesseln und neue Impulse für Wachstum setzen sollten, über Steuererhöhungen diskutieren?
Schauen wir uns die Übergewinnsteuer an, die Grüne, SPD und sogar die Union fordern: Der Vorschlag sieht vor, einzelne Branchen mit einer Strafsteuer zu belegen, wenn sie in Krisenzeiten überdurchschnittlich hohe Gewinne erzielen. Ein Instrument, das weder fair noch seriös ist, denn wer entscheidet über vermeintlich gute und böse Gewinne? Und welche Kriterien definieren eine Krise, die ein solches Eingreifen in die Besteuerung bestimmter Branchen erlaubt? Moralisch mag diese Forderung für viele gut klingen, aber sie sendet ein fatales Signal an die deutsche Wirtschaft. Es ist richtig, was Ifo-Chef Clemens Fuest erst kürzlich zu diesem Vorschlag sagte: „Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen, öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor.“
Niemand wird bestreiten, dass besonders Mineralölkonzerne durch den Krieg in der Ukraine hohe Gewinne machen, diese Entwicklung beobachten wir weltweit. Es steht außer Frage, dass es Sanktionen geben muss, wenn es in dieser Branche zu missbräuchlichen Preisabsprachen kommt - und genau dafür haben wir entsprechende Mechanismen im Bundeskartellamt.
Aber in der Krise profitieren nicht nur die Mineralölkonzerne. Auch Unternehmen, die erneuerbare Energien vorantreiben und künftig russische Rohstoffe ersetzen sollen, erzielen in diesen Zeiten große Gewinne. Rüstungsunternehmen werden profitieren, nun wo der Bundestag das Sondervermögen beschlossen hat. Und es betrifft auch andere Sektoren: Durch die Corona-Krise macht die Firma BioNtech hohe Gewinne, die mit der Entwicklung der Corona-Schutzimpfung einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung des Virus geleistet hat. Ist es in unserem Sinne, diese Unternehmen stärker zu besteuern? Die Antwort lautet nein. Wir dürfen nicht vergessen, dass Deutschland bereits ein Hochsteuerland ist. Wir haben ein Steuersystem, das höhere Gewinne auch höher besteuert. Nicht umsonst ist Rheinland-Pfalz durch die Steuereinnahmen, die BioNtech erbracht hat, im Länderfinanzausgleich über Nacht zum Geberland geworden.
All jene, die laut nach einer Steuer auf vermeintliche Krisengewinne rufen, vergessen, welche Auswirkungen eine solche Maßnahme hätte. Die Übergewinnsteuer, die kürzlich in Italien eingeführt wurde - eine Sonderabgabe, die über die Umsatzsteuer erhoben wird - birgt sogar Risiken für die Verbraucher: Denn die Steuer könnte leicht auf die Kundinnen und Kunden umgewälzt werden und damit ihren eigentlichen Zweck ins Gegenteil verkehren.
Zudem können wir davon ausgehen, dass erfolgreiche Unternehmen aus Angst vor einer willkürlichen Besteuerung ins Ausland abwandern würden. Und junge Gründer würden in Zukunft einen großen Bogen um uns machen, wenn sie eine Strafsteuer riskieren müssten. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland wäre eine Übergewinnsteuer ein Desaster, haben wir doch gerade erst entschieden, dass wir die Rahmenbedingungen verbessern wollen, um unser Land wieder attraktiver für Investoren und Startups zu machen.
Die FDP wird weiterhin auf Wachstum und Innovation setzen. Statt darüber zu diskutieren, wie wir Unternehmen in einem Hochsteuerland noch höher besteuern können, sollten wir daran arbeiten, mehr Einnahmen durch Wirtschaftswachstum zu generieren. Wir sollten darüber sprechen, wie wir die Einkommensteuer reformieren können, um echte Entlastung zu ermöglichen. Wir sollten darüber sprechen, wie wir Investitionen erleichtern und die Planungsbeschleunigung voranbringen können. Und wir sollten darüber sprechen, wie wir Talente aus dem Ausland anwerben, um gezielte Einwanderung in den Arbeitsmarkt, der so dringend auf Fachkräfte angewiesen ist, zu fördern. Die Ampel hat wichtige Schritte nach vorne gemacht: Wir haben den Ausbau von LNG-Terminals beschleunigt, Steuererleichterungen umgesetzt, eine Startup-Strategie vorgelegt und erste Reformen bei der Einwanderung angestoßen. Wir sollten uns jetzt keine Steine in den Weg legen, indem wir irrsinnige Debatten über Steuererhöhungen führen - sondern den Fortschritt wagen, den wir als Koalition vereinbart haben und den unser Land jetzt braucht.