Christian Dürr

Wir brauchen ein modernes Steuersystem

Über ein Fünftel der Deutschen Lohnsteuerpflichtigen gaben im letzten Erhebungszeitraum im Jahr 2014 keine Steuererklärung ab. Dies entspricht insgesamt rund 7,4 Millionen Personen. Bei einer durchschnittlichen Steuerrückerstattung von 974 EUR ergibt sich ein rechnerischer Betrag von über 7 Milliarden Euro, der quasi an den Staat verschenkt wird. Das Vorantreiben der vollautomatischen Datenübermittlungen wäre daher ein wichtiger Schritt, um nicht in kleinkarierten Prozessen hängen zu bleiben. Außerdem: 38% der deutschen Steuerzahler machen ihre Steuererklärung noch immer mit Stift und Zettel. Ein Anstieg bei der Nutzung der bürokratischen elektronischen Steuererklärung ist kaum mehr zu erkennen.

 

Dabei gibt es Länder, die uns vormachen, wie es geht! Schauen wir nach Schweden: hier wird schnell deutlich, was ein funktionierendes Zusammenspiel aus Digitalisierung und Steuervereinfachung bewirken kann. Es entsteht ein praktischer Nutzen, der für uns Deutsche unvorstellbar ist: Die Steuererklärung per SMS. Die vielen unterschiedlichen Einzelteile werden in ein einziges, funktionierendes System überführt. Es muss auch unser Ziel sein, das Steuersystem zu modernisieren, das Steuerrecht zu vereinfachen und Pauschalen zu erhöhen. Die Schweden machen es uns seit Jahren vor.

 

Deutschland läuft hier ganz klar hinterher. Projekte, die der Bund in der Vergangenheit angestoßen hat, um die Finanzverwaltung zu digitalisieren, sind bisher kein Erfolg. So verweist die Bundesregierung auf das bereits seit 2007 bestehende Abkommen der Länder ‚KONSENS‘ – die Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung. Gleichzeitig muss sie jedoch zugeben, dass es keine nennenswerten Ergebnisse gibt. Man bekommt das Gefühl, dass der Willen der Regierung, die internen Abläufe der externen Realitäten anzupassen, begrenzt ist.

 

Um Bürokratie bei der Steuererklärung abzubauen, sollte sowohl der Prozess, als auch das Steuersystem selbst vereinfacht werden. Dazu gehört Erneuerung und Vereinheitlichung anstelle von Ausnahmen und Sonderregelungen. Hierbei gibt es gleich mehrere sinnvolle Ansätze, die über die bestehende vorausgefüllten Steuererklärung (VaSt) hinausgehen. Einerseits die automatische Günstigerprüfung zwischen Abgeltungs- und Einkommenssteuer. Andererseits der automatische Austausch von Informationen zu Wohnort und jährlichen Arbeitstagen, um beispielsweise die Wegstrecke zur Arbeitsstelle und somit die Anrechnung von Werbungskosten zu einem Großteil vorauszufüllen. Konsolidierte Informationen zu Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und Informationen auf der vom Arbeitgeber übermittelten Lohnsteuerkarte geben ein Fundament, auf dem ein digitales System geschaffen werden kann. Das spart sowohl dem Steuerzahler als auch den Behörden erhebliche Aufwände. Eine Kombination aus Steuervereinfachungen und Digitalisierung bietet somit den goldenen Weg, um viele Informationen, die wir Steuerzahler jedes Jahr aufwendig anhand der Steuererklärung an das Finanzamt übermitteln automatisiert und digital zu bündeln.

 

Regierungspolitiker verpassen keine Chance, die Digitalisierung in jeder Sonntagsrede zu erwähnen. Trotzdem passiert nichts. Und Angela Merkel sagte einst, das Internet sei Neuland. Daran hat sich für Sie nichts geändert - noch vor 4 Monaten sagte die Bundeskanzlerin beim Digitalgipfel, das Internet sei „noch nicht durchschrittenes Terrain“. Was sie jedoch übersieht, ist wie schnell digitale Prozesse unseren Alltag verändern. Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung hätte die Bundesregierung die Chance, die Verwaltung auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen. Die Steuererklärung abzuschaffen wäre ein wichtiger erster Schritt.