Christian Dürr

Wir brauchen mehr Einwanderung in den Arbeitsmarkt

Foto: Tobias Koch

Der Arbeits- und Fachkräftemangel in Deutschland ist akut. Wer denkt, dieses Problem betreffe ihn nicht, liegt falsch. Dass hierzulande händeringend nach Fach- und Arbeitskräften gesucht wird, wirkt sich auf unser aller Leben aus – wer zuletzt versucht hat, einen Termin bei einem Handwerker zu bekommen, dürfte daran keine Zweifel mehr hegen. Doch auch der allgemeine Preisanstieg, der sich etwa in den Supermärkten bemerkbar macht, hängt unmittelbar damit zusammen. Der Grund: Die Inflation wird auf lange Sicht auch vom Arbeits- und Fachkräftemangel sowie durch Lieferkettenengpässe angefeuert.

Doch es gibt ein weiteres Problem: Wer glaubt, dass wir sichere Renten haben können, während immer weniger Menschen arbeiten, der irrt. Wenn die Babyboomer in den Ruhestand treten, kommen Jahrgänge in den Arbeitsmarkt, die nur noch halb so groß sind. Die Situation ist dramatisch. Deshalb brauchen wir mehr Einwanderung – nicht in die soziale Sicherung, sondern in den Arbeitsmarkt.

Viele junge Talente entscheiden sich am Ende für Kanada oder Australien, weil die Rahmenbedingungen dort besser sind. Wir sind uns als Koalition deshalb einig, dass wir dafür sorgen müssen, Deutschland als Land attraktiv für Einwanderer aus der ganzen Welt zu machen. Wir wollen auf diesem Gebiet als Koalition wirklich etwas verändern.

Dafür müssen aus meiner Sicht drei Dinge geschehen: Wir müssen uns als erstes international klar positionieren und sagen, dass wir Einwanderung in den Arbeitsmarkt wollen – da sehe ich auch das Auswärtige Amt mit seinen Auslandsvertretungen in der Verantwortung. Dann müssen wir dringend bürokratische Hürden abbauen, um den Einwanderungsprozess zu vereinfachen. Und drittens müssen wir an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten – insbesondere bei den Steuern. Als FDP setzen wir uns für eine geringere Abgabenlast ein, damit wir als Standort attraktiver werden. Steuererhöhungen sind mit uns nicht zu machen. Damit senden wir auch ein deutliches Signal an all jene, die sich vorstellen können, langfristig in Deutschland ihr Glück zu suchen. Nur so werden wir langfristig im Wettbewerb mit anderen Ländern um Arbeits- und Fachkräfte aus aller Welt mithalten können.

Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht sind wir im vergangenen Jahr schon einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen: Es eröffnet Menschen, die seit langem in Deutschland sind, die Chance, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und Teil unserer Gesellschaft zu werden. Bislang wurden Menschen mit Duldungsstatus geradezu vom Arbeitsmarkt ferngehalten – ein fataler Fehler der unionsgeführten Vorgängerregierung. Das Chancenaufenthaltsrecht hat insofern den Beginn einer neuen Einwanderungspolitik markiert.

Ich begrüße sehr, dass Hubertus Heil und Nancy Faeser gemeinsam nach Kanada gereist sind, um sich dort anzuschauen, wie das Einwanderungsland Kanada mit Herausforderungen in der Migrationspolitik umgeht. Das ein oder andere können wir uns dabei sicherlich von unserem westlichen Partner abschauen. Etwa bei der Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse hakt es allerdings auch bei den Kanadiern noch. Da müssen wir in Deutschland dringend unbürokratischer werden. Es darf nicht sein, dass ausgebildete Ärzte oder Handwerker – auf die wir dringend angewiesen sind – wegen bürokratischer Hürden ihren Job nicht ausüben können.

Nachdem die unionsgeführte Bundesregierung es rund 16 Jahre lang versäumt hat, für eine klare Linie in der Migrations- und Einwanderungspolitik zu sorgen, stehen wir vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen, die wir jetzt angehen müssen. Als Koalition haben wir uns viel vorgenommen: Wir wollen unser Einwanderungsrecht modernisieren,  Bürokratie beseitigen und unserer Wirtschaft durch mehr Fachkräfte neuen Schwung verleihen. Stand jetzt gibt es noch eine Menge zu tun. Wir sind dran!