Christian Dürr

Wir klagen gegen den Soli

Zum 1. Januar 2020 hätte der Soli vollständig abgeschafft werden müssen. Nach der Sommerpause werden Mitglieder des FDP-Fraktionsvorstands eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen. 

 

Eine befristete finanzielle Hilfe für Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung - das war der ursprüngliche Grund für die Erhebung des Solidaritätszuschlags. In den neunziger Jahren hat die Politik ihr Versprechen gegeben, dass der Soli mit Auslaufen der Hilfen für den Aufbau Ost wieder abgeschafft wird. Union und SPD haben dieses Versprechen ohne Zögern gebrochen. Mit dem Ende des Solidarpakts II im Dezember 2019 hätte die Sonderabgabe zum 1. Januar abgeschafft werden müssen, und zwar für alle Steuerzahler.

Die breite Mehrheit der Menschen hält die Erhebung des Soli für eine Frage der Gerechtigkeit - und das völlig zurecht, denn mittlerweile hat die Abgabe ihren Zweck verloren. Ein Großteil des Geldes fließt nicht mal mehr in den Osten.

Schon Umfragen vor einem Jahr haben gezeigt, dass sich eine übergroße Mehrheit der Deutschen für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und zwar für alle Einkommen ausspricht. Und einer aktuellen Umfrage aus diesem August zufolge unterstützen 70 Prozent der Menschen in Deutschland ganz konkret die Klage der FDP-Bundestagsfraktion gegen die teilweise Weitererhebung des Soli.

Trotzdem hält die Große Koalition am Soli fest und plant, lediglich 50 Prozent des Aufkommens nicht mehr zu erheben - allerdings erst ab dem kommenden Jahr. Damit schadet sie insbesondere den vielen mittelständischen Unternehmen, die die Corona-Krise hart getroffen hat und die jetzt dringend entlastet werden müssten. Aber darüber hinaus riskieren Union und SPD offen den Verfassungsbruch.

 

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Deswegen hat sich die FDP-Bundestagsfraktion nun entschieden, den Soli noch in diesem Jahr vors Bundesverfassungsgericht zu bringen. Nach der parlamentarischen Sommerpause im September wird eine Reihe von Mitgliedern des Fraktionsvorstands gemeinsam eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen. In den letzten Monaten haben wir verschiedene Optionen geprüft, darunter auch eine abstrakte Normenkontrolle - dafür wären aber 25 Prozent der Stimmen im Bundestag nötig gewesen. Leider ziehen CDU und CSU dabei nicht mit, trotz unzähliger Versprechen in den letzten Jahren, den Soli abschaffen zu wollen. 

Mehrere Gutachter, darunter der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags und der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sind zu dem Schluss gekommen, dass die Erhebung der Sondersteuer nach Dezember 2019 nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Und trotzdem müssen in diesem Jahr alle den Soli weiterzahlen, völlig unabhängig davon, wie hoch ihr Einkommen ist. 

Sollte unsere Beschwerde angenommen und der Soli für verfassungswidrig erklärt werden, wird es massenhaft Widersprüche der Steuerzahler geben. Damit kommt auch auf den Bundeshaushalt ein erhebliches Risiko zu, denn es ist möglich, dass dieses Geld zurückgezahlt werden muss. Dass die Große Koalition diese Bedenken gerade in Krisenzeiten ignoriert, ist höchst problematisch. 

Wir Freien Demokraten werden in wenigen Wochen unsere Klageschrift vorlegen. Es ist jetzt an der Zeit, dass der Soli gestrichen wird - aus politischen und aus verfassungsrechtlichen Gründen.